Hörstolperstein Johann Trollmann (Hamburg)

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Hörstolpersteine
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Im Altwarmbüchener Moor gibt es eine Gedenkstätte für Sinti, die im Nationalsozialismus ermordet wurden.  Der Nachname Trollmann ist dort sechs Mal aufgeführt. Friederike und Wilhelm Trollmann hatten insgesamt neun Kinder. Eines von ihnen, Johann, hat es als Boxer zu großer Popularität gebracht. Er hatte fünf ältere und drei jüngere Geschwister.

Johann Trollmann wird am 27.12.1907 in Wilsche bei Gifhorn geboren. Die Familie zieht später nach Hannover. Im Alter von 21 Jahren bestreitet er seinen ersten Profiboxkampf in Berlin. Der Kampf findet am 18.10.1929 statt. Trainiert wird er von dem jüdischen Boxer Erich Seelig. Trollmanns Boxstiel zeichnet sich durch Technik, Beweglichkeit und Schnelligkeit aus. Später wird sein Stil mit dem des US-amerikanischen Boxers Muhammed Ali verglichen werden. Sein großes Talent führt ihn an die Spitze des deutschen Boxsportes und gipfelt in einem Titelgewinn. Trollmann gewinnt am 9.Juni 1933 den Titel „Deutscher Meister im Halbschwergewicht“ gegen Adolf Witt. Allerdings ist der deutsche Boxverband zu diesem Zeitpunkt schon in nationalsozialistischem Braun gefärbt. Zunächst wird der Kampf als „nicht gewertet“ verbucht, da ein erfolgreicher Sinti-Boxer nicht in das NS-Bild einer so genannten „arischen Herrenrasse“ passt. Das Publikum aber hat an dem Kampfstil Trollmanns Gefallen gefunden und ist so begeistert, dass ein lautstarker Protest die Kampfrichter dazu zwingt Trollmann den Titel doch zu verleihen. Leider hält dieses Glück nur acht Tage an. Der Boxverband legt ihm „armseliges Verhalten“ zur Last und erkennt ihm unter diesem fadenscheinigen Vorwand den eben erst gewonnen Titel ab.

Im folgenden Monat tritt Trollmann gegen Gustav Eder in Berlin an. Da in diesem Kampf zwei herausragende Boxer der deutschen Sportwelt aufeinander treffen wird dieser Kampf mit einiger Spannung erwartet. Die Art und Weise in der Trollmann kämpft stößt innerhalb des Boxverbandes auf großes Missfallen. Daher wird ihm offiziell verboten den gewohnten Stil zu kämpfen. Zudem heißt es, dass Johann Trollmann sich die Haare blondieren, sowie seine Hautfarbe mittels weißen Pulvers aufhellen lassen muss, allerdings ist dies nicht mehr verifizierbar. (Nach den neusten Forschungen von Kathrin Herold und Yvone Robel [http://www.kz-gedenkstaette-neuengamme.de/?id=3416] lassen sich keine Beleg dafür finden) Das Ziel ist, die damals allerorten propagierte „Überlegenheit der arischen Rasse“ zu untermauern. Eder gewann den manipulierten Kampf in der fünften Runde durch K.O. Da er sich diesen Bedingungen unterworfen hat, ist es Trollmann gelungen seine Boxlizenz noch für wenige Monate zu behalten. Seinen letzten Kämpf bestreitet er im November 1933 im Flora-Theater in Hamburg.

Während des Zweiten Weltkrieges wird er zunächst in die Wehrmacht eingezogen. Im Vernichtungsfeldzug „Unternehmen Barbarossa“ muss er an der Ostfront für das Dritte Deutsche Reich Kämpfen. Später, im Jahre 1942 wird er verhaftet und in das Konzentrationslager Neuengamme bei Hamburg verschleppt. Am 9. Februar 1943 wird er dort für tot erklärt. Allerdings wird er, laut aussage eines Mithäftlings, unter anderem Namen in das Außenlager Wittenberge transportiert. Wittenberge ist eines von etwa 90 Außenlagern des KZ-Neuengamme. Hier wird er erkannt und muss zu Unterhaltungszwecken gegen SS-Wachen boxen und natürlich verlieren. Jeder Knock Out, den er über sich ergehen lässt bringt ihm eine extra Ration Essen ein. So bleibt den Wachen ihr perverses Spiel noch länger erhalten. 1944 tritt Trollmann gegen einen Kapo an und schlägt diesen zu Boden. Aus Rache erschlägt selbiger in mit einem Knüppel. Johann Trollmann hinterlässt eine Tochter namens Rita im Alter von 9 Jahren. Von seiner Familie wurde er bereits in den 30er Jahren durch das nationalsozialistische Regime getrennt.

1993 wird Johann „Rukeli“ Trollmann als Deutscher Meister im Halbschwergewicht in die „Riege der Deutschen Meister“ aufgenommen. Ende der 1990er Jahre bringt Hans Frizlaff ein Buch mit dem Titel „Knock Out“ heraus. Dieses Buch erzählt die Geschichte Trollmanns, die der Autor bereits seit den 60er Jahren recherchierte. 2003, 70 Jahre nach dem Kampf gegen Witt, übergibt der „Verband deutscher Berufsboxer“ den Meistergürtel symbolisch an die beiden Verwandten Louis und Manuel Trollmann. Letzterer betreibt auch die Internetseite „www.johann-trollmann.de“ im Gedenken an seinen Großonkel. In der Altstadt von Hannover wird 2004 eine kleine Gasse zwischen der Kreuzkirche und der Burgstraße nach ihm benannt. Vier Jahre später wird im Johann-Trollmann-Weg, vor seinem letzten Wohnhaus, ein Stolperstein mit seinem Namen verlegt. Auch für seinen Bruder Heinrich, der im KZ Auschwitz ermordet wurde, liegt dort ein Stolperstein. Vor dem ehemaligen Flora-Theater, dem heutigen autonomen Kulturzentrum „Rote Flora“, im hamburger Schanzenviertel ist ebenfalls ein Stolperstein zu Johann Trollmanns Ehren zu finden.  2010 und 2011 wird in Berlin und Hannover eine Skulptur ausgestellt, die an Johann Trollmann erinnert. Sie ist einem Boxring nachempfunden, allerdings mit schräger Kampffläche. Sie trägt den Titel „9841 – Temporäres Denkmal für Johann Rukeli Trollmann“, wobei die Zahl 9841 für Johann Trollmanns Häftlingsnummer steht.

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